Schüchtern und gebremst geht es wohl immer noch besser als gar nicht, denkt sich Schauspieler Greg Sestero (Dave Franco) , der sich im Casting zwecks einer Rolle im Stück Warten auf Godot versucht.
Hierbei lernt er Tommy Wiseau (James Franco) kennen, der so überzogen und unnatürlich agiert, dass nur ein Randmensch wie Greg ihn verstehen kann. Sestero und Wiseau kommen in ihrer Lebenswelt nicht an und jagen dennoch unerschütterlich ihren Träumen nach.
Regie: James Franco
The Disaster Artist ist eine parodistische Film-Flop-Skizze, welche die Planungs- und Durchführungsgeschichte zum Film The Room von Tommy Wiseau im Jahre 2003 ironisch und hintergründig aufarbeitet.
Wie sich die chaotischen und durch die gesamte Filmrolle weg amateurhaften Darsteller in The Room einem flachen und zusammenhangslosen Dialogstil widmen, so ergänzend und nachdrücklich spielen die Akteure in The Disaster Artist den Ball an Tommy Wiseau zurück. Stets unter dem Trieb das Leben im Exzess zu besiegen – schöpferische Zerstörung hemmungslos auszuleben, hat bei den Gebrüdern Franco sichtbar Hochkonjunktur.
Der effiziente Humorkiller kommt hier vor dem Fressen, denn der Regisseur Wiseau ist noch unkultivierter und asozialer, als der Darsteller Wiseau. Zudem vergisst der offenkundig unter notorischer Quellenamnesie leidende Hauptdarsteller permanent seinen Sprechtext. Das primitive Fetthaar-Proletariat versteht sich auf Szenen-zerfleddernde Schmankerln. Dabei entsteht beim Zuseher eine merkwürdige Übereinkunft zwischen ‚irgendwie gefällt’s uns‘ und ‚langsam nervt’s‘. Schon allein die klischeehafte Nesthocker-versus-Draufgänger-Konjunktion im wahren Leben beider Protagonisten, wirkt wie einer der schrägen Sitcom-Einfälle Wiseaus.
Spürbare zwischenmenschliche Energien entstehen zwischen Greg und Tommy meistens nur im Konflikt, wenn provokante Signale von Außen die beiden Akteure in leere Feedbackschleifen verstricken. Wenngleich sie hierbei zu ihrem Heldenhabitus finden, weil sie stets mit ihrem eigentümlichen Gestaltungsethos einer massenhaften Gewohnheitsratio strotzen. Leider gefallen sich die Gebrüder Franco zu sehr darin, den Duo-Pol zwischen Greg und Tommy auf die Opferrolle zu verdichten. Auch die unvermitteltsten und radikalsten Wendungen im Plot können darüber nicht hinwegtäuschen. Gut sichtbar in den Sequenzen, in denen Tommy seine Hauptdarstellerin und Bettgespielin Juliette (Ari Graynor) demütigt, Greg sie verteidigen will, es ihm aber kaum gelingt – zu stark fühlen sich beide der Welt der Abgehängten verhaftet und darin vereint.
The Disaster Artist punktet vorrangig mit seiner selbstbewussten Wunschentwicklung, was erstaunlicherweise beim sonst so konfusen und anarchischen Tommy in der einen konkreten, reflektierten Entscheidung mündet, auf Gedeih und Verderb The Room zu beenden und in Hollywood zu vermarkten. Greg ist in seinen Entschlüssen deutlich wankelmütiger und entschlussloser, was Tommy ihm gegenüber eine komfortable Dominanzrolle verleiht. So erkennt der Zuseher bei den Gebrüdern Franco zwar eine erzählerische Verlässlichkeitsstruktur, die ihm dennoch kaum ein warmwerden mit den Hauptfiguren erlaubt.
Der randständige Humor in The Room speist sich von den hinfälligsten Einsichten und seichtesten Lebenserkenntnissen – draußen wie drinnen ist die dümmliche Banalität zuhause! Hinter der Kamera müssen manche Hoffnungen begraben werden. The Disaster Artist lässt Tommy Wiseau wirken wie ein vom Aussterben bedrohtes Vergissmeinnicht, womit der Bezugsfilm ex post zu seiner vollendet verquasten Ausdruckskraft findet.
Ein aus finsteren Ecken der Gesellschaft zu vernehmendes Ur-Geschrei ist die Sprache der Abgehängten – die Sprache von Greg und Tommy, ein wenig auch die der Gebrüder Franco. Wie spannend wäre es denn, wenn sich jemand dazu aufopfern würde einen Film über den deutschen Anarcho-Regisseur und Schauspieler Helge Schneider zu machen – eine Überlegung ist es auf jeden Fall wert.
Text: © Stefan Bußhardt | Bilder: © 2017 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC. AND RATPAC-DUNE ENTERTAINMENT LLC
Dies ist ein Gastbeitrag von Stefan Bußhardt.
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